Vor kurzem hielt ich ein spannendes Online-Seminar zum Thema “Vom Umgang mit Fehlern”. Sehr gern zitiere ich dazu einen Satz, den ich während meiner Ausbildung bei Gunther Schmidt (Milton-Erickson-Institut Heidelberg) lernte: „Aus Fehlern wird man klug, darum ist einer nicht genug!“
Jeder macht Fehler! Das gehört dazu und ist absolut normal. Unser Umgang mit Fehlern ist allerdings sehr unterschiedlich.
Für mich stellen sich hier wichtige Fragen:
- Warum werden Fehler von vielen negativ gesehen?
- Was hat das für Folgen für die Arbeitsweise?
- Wie kann das eventuell verändert oder verbessert werden?
„Unser Chef darf unsere Fehler nicht erfahren!”
In vielen Unternehmen werden Fehler gerne „unter den Teppich“ gekehrt. Nur wenige räumen gerne ein, wenn etwas nicht nach Plan läuft. Und wird man dann auf Fehler hingewiesen, führt die häufig zu Rechtfertigungen, Entschuldigungen und Ausreden. Und das löst bei den meisten Menschen negative Gefühle aus. Es entsteht möglicherweise auch Angst und Unsicherheit. Viele Menschen betrachten einen Fehler als Makel an der eigenen Person und bewerten sich selbst negativ. Bei manchen entsteht zudem Stress, ausgelöst durch die Angst vor Bestrafung und Schamgefühl. Das kennen die meisten aus der Kindheit und der Schule.

Probleme analysieren ist in Ordnung, Fehler finden ist gut und Schuldige suchen? Besser nicht, denn das könnte die Leistung mindern oder zu Demotivation führen.
Im Reteaming®prozess steigt man aus dieser Negativspirale aus, indem man zuerst einmal betrachtet, was Fehler eigentlich sind. Wo Fehler passieren, fehlt wahrscheinlich einfach etwas. Ein Fehler ist eine Abweichung von der optimalen Umsetzung einer Aufgabe.
In dem Film „Die Luftbrücke“ spielt Heino Ferch General Philipp Turner, der in Problemen einfach Aufgaben sieht, die er lösen und abarbeiten will. D.h. er akzeptiert, dass etwas noch nicht gut läuft, es Fehler gab und Fehler bei so großen Aufgaben normal sind. Akzeptanz von Fehlern ist m.E. der erste Schritt zur Veränderung und führt in diesem Projekt dazu, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit fast eine ganze Stadt aus der Luft versorgt wird.
General Turner beachtet die entstandenen “Aufgaben” mit einem neutralen Blick und begibt sich damit auf die Lösungsebene. Funktioniert etwas noch/doch nicht, probiert er eben etwas anderes aus. Er kommt so fast spielerisch auf noch nie gedachte Lösungen.

Aus der Negativspirale in die erwünschte Zukunft
Mit diesem Blick begibt man sich in den Lösungsprozess. Wann immer ein Problem auftaucht, sollte man fragen, was ist passiert und was sollte stattdessen gewesen sein.
So wird die Situation analysiert, man bleibt jedoch nicht bei der Erklärung, was nicht funktioniert hängen. Es gibt weniger Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen. Stattdessen richtet man den Blick nach vorne und bespricht, was zu einer möglichen Lösung beigetragen werden kann.
Mit Fokus auf den möglichen Fortschritt, werden kleine Schritte erarbeitet, die zur positiven Veränderung führen sollen. Funktioniert dies nicht, wird etwas anderes ausprobiert. Gemäß des agilen Grundsatzes “Mach viele, frühe, billige Fehler”. Dies bedeutet aber nicht absichtlich Fehler zu machen sondern nach möglichen Lösungsansätzen zu suchen.
Dazu gehört unbedingt ein respektvoller Umgang miteinander. Gespräche sollten auf Augenhöhe geführt werden, konstruktives Feedback ist wichtig. Dies erfordert Empathie und ein Grundverständnis für die Wirkweisen innerhalb von Gruppen/Teams – sowohl vom Vorgesetzten als auch von den Mitarbeitenden. Dies wird z.B. gut durch die Teamuhr von Bruce Tuckmann dargestellt. Weiter ist es in meinen Augen wichtig, eine Kultur des fairen Umgangs zu etablieren und immer wieder zu hinterfragen. Das kann z.B. durch Supervision oder Teamsitzungen zum Thema “Umgang miteinander” stattfinden.
Beginnen Sie als Führungskraft mit dem respektvollen Umgang miteinander. Seien Sie ein Vorbild für Ihre Mitarbeitenden. So werden Sie Sympathien gewinnen und die Bereitschaft der Mitarbeitenden diesen Weg mit zu gehen. Seien Sie mutig und gestehen Sie Fehler ein. Zeigen Sie deutlich das daraus entstehende mögliche Lernpotential auf. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeitenden das ebenso zu handhaben. Holen Sie sich Feedback und bitten Sie die anderen um Tipps. Das fordert Reflektion von jedem, es stärkt die Menschen und führt zu Erfolgen.
Lösungsorientiertes Denken hängt stark mit dem Ausdruck der Sprache zusammen
Eine Organisation, die konstruktiv mit Fehlern umgeht, verfügt über eine positive Haltung und eine sogenannte Ermutigungskultur. Fangen Sie an und verändern in kleinen Schritten Ihre Kommunikation z.B.:
Statt:
Was ist heute schief gelaufen?
Lieber so formulieren:
Was ist heute gerade nochmal gut gegangen?
(mit dieser Frage kann aus potenziellen Fehlern gelernt werden.
Statt:
Warum hast Du das gemacht?
Lieber so formulieren:
Warum erschien Dir das sinnvoll?
Mit dieser Frage wird nicht böser Wille oder Inkompetenz unterstellt, sondern thematisiert, dass ein Fehler oft erst im Nachhinein als solcher erkannt wird.
Toleranz zu Fehlern heißt nicht, mehr Fehler zu machen. Es heißt auch nicht zu jedem Fehler „ja“ zu sagen. Es bedeutet sensibel und vertrauensvoll auf mögliche Fehler zu reagieren. Es bedeutet auch ein „Nein“ so zu vermitteln, dass der oder die Fehlermachenden nicht demotiviert werden. Das will geübt sein. Lösungsorientierung bedeutet eine andere Haltung gegenüber Fehlern zu entwickeln. Erst dann macht der Satz von Gunther Schmidt Sinn: “Auf Fehlern wird man klug, darum ist einer nicht genug”.
Welches Problem wollen Sie lösen – welche Veränderung möchten Sie erreichen? Rufen Sie uns an. Gerne unterstützen wir Sie in Ihrem Prozess.
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