Umgang mit Angst und Sorgen

Der morgendliche Blick in die Nachrichten, und da sind sie wieder. Bilder die Angst auslösen; Bilder, die Sorgen um die eigene Gesundheit und die Gesundheit der eigenen Familie auslösen.

Angst und Sorge in Zeiten des Corona Virus. Das ist vollkommen normal. Durch Erhebungen des internationalen roten Kreuz aus vergangenen Epidemien wissen wir, dass z.B:  

  • die Angst vor Ansteckung,  
  • die Angst vor Symptomen („wehe jemand im Supermarkt hustet“) und auch  
  • der eventuelle Ärger mit Symptomtragenden während der Epidemie bei den meisten Menschenvorkommt. 

Diese Ängste und Sorgen bewegen uns. Gerade Sorgen lösen weitere unangenehme Emotionen und Gedanken aus. Sie erzeugen vielleicht katastrophale Vorstellungen in der eigenen Fantasie, malen den schlimmsten Fall aus. Oder die Sorgen machen uns aggressiv, wir meckern Bekannte an, warum die mit ihrem Husten und Gliederschmerzen noch „nicht längst beim Arzt“ waren. Warum das alles? 

Angst ist etwas ganz Normales.  

Angst möchte uns vor wahrgenommenen Gefahren schützen. Und momentan gibt es eine unsichtbare Gefahr, vor der uns unsere Angst bewahren möchte. Dennoch ist es wichtig, der Angst nicht das Ruder zu überlassen. Unsere Angst handelt nämlich instinktiv und schnell; sie sucht nicht immer die objektiv besten Handlungen heraus. Die Katastrophenvorstellung trifft vermutlich nicht ein. Das wir unseren Bekannten am Telefon anmeckern, hilft weder ihm noch uns. 

Wie schaffen wir es also, unsere Angst aufmerksam wahrzunehmen und trotzdem selbst das Ruder in der Hand zu behalten? 

Filtern-Fokus-Planen-Handeln 

1. Filtern:  Welche Angstauslöser gibt es in deiner Umgebung? 

Hier sind einige Ideen. 
Auslöser von außen:  

  • Nachrichten 
  • Whatsapp Chats 
  • Social Media 
  • die leeren Regale im Supermarkt (welche am nächsten Tag zumeist wieder voll sind) 
  • Probleme im Home-Office 
  • …. 

Auslöser von innen:  

  • Gedanken an die eigene Gesundheit und die Gesundheit des eigenen Umfeldes, der eigenen Familie 
  • Gedanken an die Wirtschaftslage, an den eigenen Job oder den Job des Partners/der Partnerin 
  • … 

Ein erster Schritt ist, die eigenen Angstauslöser wahrzunehmen. Wie oben gesagt, Angst will uns warnen und auf mögliche Gefahren aufmerksam machen. Angst will auch, dass wir handeln, am besten sofort. Deshalb setzt unser Hirn einige Prozesse in Gang, welche den Körper auf Aktion vorbereiten sollen. Unser Herz schlägt schneller, die Atmung beschleunigt sich, Muskeln spannen sich an. 

2. Fokus:  Gehe auf die körperliche Reaktion ein  

Bevor wir uns also den Angstauslösern widmen, ist es wichtig, die Dringlichkeit der Angst oder Sorgen wahrzunehmen und einen Umgang damit zu finden. Eile und gehetztes Handeln sind selten gute Ratgeber. 

Vielen Menschen fällt bewusstes Anspannen leicher als bewusstes Entspannen. Praktischerweise brauchen wir zum Entspannen, erstmal eine Spannung, die gelöst werden muss. 

Ein Versuch: 
Spanne beide Oberschenkel an und drücke die Knie zusammen. So aktivierst du die größten Muskeln in deinem Körper. Halte die Anspannung für einige Sekunden. Lass dann die Anspannung wieder los und – falls du den Atem angehalten hast – atme langsam aus. 
Wie fühlen sich die Beine nun an? Hat sich etwas zu vorher verändert? 

Genauso kannst du auch mit anderen Bereichen verfahren, die derzeit angespannt sind. Versuche eine Stelle in deinem Körper zu lokalisieren, die derzeit angespannt ist. Erhöhe dann gezielt die Anspannung, halte die Spannung und lass wieder los. Bei körperlicher Unruhe hilft es auch mögliche Verstärker wie Koffein, Schlaf- und Bewegungsmangel im Blick zu haben. 

3. Fokus:  Ankere dich im Jetzt 

Sorgen wollen in die Zukunft, wir sind aber jetzt gerade hier. Eine Methode einen sorgenvollen Gedankenstrom zu unterbrechen ist, sich auf Dinge zu konzentrieren, die jetzt gerade in der unmittelbaren Umgebung ist. Wende den Blick für die nächsten Minuten vom Bildschirm ab, und konzentriere dich auf je drei Dinge, die du gerade hörst. Zwei taktile Empfindungen, die du jetzt gerade spürst und ein Ding, das du abseits des Bildschirms gerade siehst. Wenn du möchtest, kannst du auch andere Sinne in diese Übung aufnehmen. 

Ziel der Übung ist es, den Fokus auf den aktuellen Moment zu legen, um dann aus der aktuellen Situation heraus planen zu können. Zur Ruhe kommen, bevor Maßnahmengeplant werden. Eine längere Erklärung der Übungen und vor allem der dahinterstehenden Überlegungen findet sich hier 

4. Planen:  Erstelle dir einen Aktionsplan aus der Ruhe heraus

Wie geht es dir nach diesen zwei kurzen Übungen? Bei Bedarf setze die Übungen fort, bis du dich bereit für das Pläne machen fühlst. Dann aus der Ruhe heraus, kehre zu deinen Auslösern, deinen aktuellen Themen, zurück und überlege: 

  • Was ist aktuell für mich und meine Familie sinnvoll, bezogen auf unsere aktuellen Themen? 
  • Welche Vorkehrungen sind für meine aktuelle Situation sinnvoll, angemessen und umsetzbar? 
  • Wie vermittle ich Anderen meine Überlegungen zu diesen Punkten? 

Diese Themen können unangenehme Gefühle wie Angst, Sorge, Nervosität oder auch Wut wiederaufkommen lassen. Wichtig ist, diesen Gefühlen nicht auszuweichen oder sie zu vermeiden. Diese Gefühle sind wichtig und auch hilfreich. Sie möchten uns Handlungsoptionen aufzeigend, die eventuell umsetzbar sind. Unsere Aufgabe ist es die möglichen Handlungsoptionen aus der Ruhe heraus zu beurteilen. Ist das hilfreich? Ist das angemessen? 
Gerade sorglos auf der Straße herum zu tanzen ist ebenso wenig angemessen wie ein beständiges Dauerduschen oder kiloweise Toilettenpapier hamstern.  

Die oben vorgestellten Übungen sind nicht dazu gedacht, Gefühle “weg zu meditieren”. Sie helfen uns, unsere Anspannung und unsere Emotionen wahrzunehmen und auch anzunehmen. Sie unterstützen uns dabei, bei Bedarf, wieder zur Ruhe zu kommen, um planen zu können. 

5. Handeln: Mögliche Ansatzpunkte 

Zurück zu den am Anfang beschrieben Angstauslösern: Welche Ideen sind dir für deine Lage eingefallen? Hier sind einige unserer Ideen: 

Nachrichtenhygiene: Ein großer Faktor derzeit sind die überpräsenten Nachrichten, mit sich stetig updatenden Zahlen. 

  • Es ist wichtig informiert zu bleiben, aber du musst nicht alles sofort lesen. Es ist in Ordnung, den eigenen Nachrichtenkonsum einzuschränken, z.B. auf einmal morgens (vielleicht nicht direkt nach dem Aufstehen) und einmal nachmittags.  
  • Orientiere dich dabei an seriösen, verlässlichen Quellen, die nüchtern berichten und nicht dramatisieren. Ein guter Ansatzpunkt ist z.B. das Presseupdate des Robert-Koch Instituts oder der NRD Podcast mit Prof. Drosten. 
  • Lösche Push-Benachrichtigungen, wenn sie dich stören und ablenken. In den meisten Apps kann man Pushnachrichten in den Einstellungen abstellen. 
  • Rede mit deinen Mitmenschen über die Nachrichten, oder sage, wenn es dir zu viel wird und wechsle das Thema.  

Social Media: 

Auch hier gilt: Man darf seinen eigenen Medienfeed kontrollieren. Gibt es eine Seite, die derzeit besonders viele schlechte Neuigkeiten oder Pessimismus verbreitet? Auf Facebook z.B. gibt es die Möglichkeit Beiträge einer Seite für 30 Tage stumm zu schalten. Nach Ablauf der Zeit tauchen die Beiträge wieder auf. 

Veränderungen durch die aktuelle Lage: 
z.B. Regale die an manchen Tagen leer und am nächsten Tag wieder voll sind. 

Hier kann es hilfreich sein, sich bewusst zu machen, dass die Situation nicht ewig dauern wird. Die Maßnahmen werden vermutlich einige Wochen anhalten, mindestens bis Ostern. Auch wenn das jetzt wie eine Ewigkeit erscheint und kaum ertragbar: Alles geht vorüber. Das Gute ist, dass wir schwierige Zeiten nicht am Stück bewältigen müssen, sondern nur scheibchenweise, nur Tag für Tag. Mancher Tag läuft schlechter, der nächste Tag wird wieder besser. Da sind die Regale wieder voll. Weitere Ansatzpunkte finden sich z.B. hier  

Auslöser von innen: 

Auch wenn es ähnliche Themen sind, lassen sich für die eigenen Sorgen keine Patentlösungen finden. 

Viele Menschen finden es hilfreich sich mit anderen auszutauschen, offen über Gedanken und Sorgen zu sprechen. Social Distancing ist vor allem eins: Physischer Abstand. Kontakt sei es über Whatsapp, Skype, Handy oder das Dosentelefon ist weiterhin vollkommen ok.   

Und gerade das zeigt sich momentan wunderbar: Menschen unterstützen sich, nehmen Kontakt auf und lernen über die Distanz Nähe und Austausch wieder zu schätzen. 

Du möchtest mehr wissen? Gerne beraten wir dich in einem Coaching und unterstützen dich dabei Strategien für deinen Alltag zu finden. Schreibe uns einfach ein Mail an blog@klitzke-beratung.de 
Hinweis: Wir bieten nur psychologische Beratung im Rahmen eines Coachings an, keine Psychotherapie im Sinne des PsychThG.  

Dieser Artikel wurde von Corinna Klitzke verfasst.

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